Heinz Holliger Trio

Anita Leuzinger, Violoncello

Heinz Holliger, Oboe und Oboe d’amore
Anita Leuzinger, Violoncello
Anton Kernjak, Klavier

Programm

Robert Schumann (1810 – 1856) – Sechs Stücke in kanonischer Form op. 56 (1845), instrumentiert von Theodor Kirchner (1888), Fassung für Oboe d’amore, Violoncello und Klavier
Nicht zu schnell
Mit innigem Ausdruck
Andantino
Innig
Nicht zu schnell
Adagio

Robert Schumann – Drei Romanzen op. 94 (1849) für Oboe und Klavier
Nicht schnell
Einfach, innig
Nicht schnell

Heinz Holliger (*1939) – Romancendres (2003) für Violoncello und Klavier
Kondukt I (C.S. – R.S.)
I) Aurora (Nachts) „langsam“
II) (R)asche(S) Flügelschlagen
III) „Der Würgeengel der Gegenwart“ „(r)asch und mit Feuer“
IV) „heiter bewegt“ („Es wehet ein Schatten darin“)
Kondukt II („Der bleiche Engel der Zukunft“)

*****

Claude Debussy (1860 – 1918) – Sonate pour violoncelle et piano (1915)
Prologue
Sérénade et Finale

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) – „Gassenhauer-Trio“ B-dur op. 11 (1797), Fassung für Oboe, Violoncello und Klavier
Allegro con brio
Adagio
Thema und Variationen über „Pria ch’io l’impegno“

 

BEZIEHUNGSREICH UND SINNLICH

Einer der ganz Grossen der Schweizer Musikszene kommt mit seinen Kammermusikpartnern nach Hinwil – Heinz Holliger. Ob er dirigiert, komponiert oder auf seiner Oboe spielt, sein Musizieren ist körperlich spürbar und seine Programme sind beziehungsreich.

Ihn faszinieren Künstler, welche visionär waren, grosse Sensibilität zeigten und dadurch in ihrer Zeit als „ver-rückt“ galten. Robert Schumann zum Beispiel, in seiner Musik findet Holliger viele Geheimcodes, Tonfolgen, welche Botschaften vermitteln. Schumanns fünf Cello-Romanzen wurden nie publiziert.Seine Frau Clara vernichtete das noch unveröffentlichte Manuskript. In seinen sechs Duo-Stücken für Violoncello und Klavier bezieht sich Heinz Holliger auf diese zu Asche gewordenen Kompositionen: Der Titel ist eine Kombination der französischen Wörter „romances“ und „cendres“. Auch in Holligers Musik liegen vielerlei Anspielungen und Hinweise verborgen. Man muss aber nicht alles verstehen. Das Werk berührt vor allem durch seine intensive Klanglichkeit.

Die drei Romanzen für Oboe und Klavier überreichte Schumann seiner Frau Clara 1849 als Weihnachtsgeschenk. Es sind Fantasiebilder zwischen Melancholie und zupackender Lebensfreude.

Kurz vorher beschäftigt sich Robert Schumann intensiv mit der Form der Fuge und des Kanons. Im Schumannschen Haus steht neu ein sogenannter Pedalflügel. Robert ist begeistert von den neuen klanglichen Möglichkeiten. Unter seinen Skizzen und Studien für den Pedalflügel finden sich die sechs Stücke in Kanonischer Form op.56. Entgegen Schumanns Erwartungen setzte sich der Pedalflügel weder im Konzertbetrieb noch im Hausgebrauch durch. Um diese wunderbaren Miniaturen nicht zu verlieren, schufen namhafte Komponisten Bearbeitungen davon. Einer von ihnen war der in Winterthur an der Stadtkirche tätige Organist Theodor Kirchner. Dank seiner Instrumentation kommt die Genialität dieser Miniaturen sehr gut zum Ausdruck. Kirchner, mit Schumanns Musik als ehemaliger Schüler sehr vertraut, war auch mit Clara sehr vertraut. Er unterhielt nach Robert Schumanns Tod kurzzeitig eine Liebesbeziehung mit ihr.

In bewusster Abgrenzung von der deutschen Romantik komponierte Claude Debussy mitten im ersten  Weltkrieg mit der Cellosonate eine Verherrlichung der französischen Musik. Sie weist nicht die traditionelle Viersätzigkeit der deutschen Kammermusik auf. Ihre drei Sätze sind in freien Formen gehalten, die Musik voller Beziehungen zum französischen Barock. Die Sonate beginnt wie eine französische Oper mit einem Prologue wie eine “französischen Ouvertüre” in punktierten Rhythmen. Der zweiten und dritten Satz bilden eine Einheit – Sérénade et Finale. Das Cello verwandelt sich mit seinen gezupften Tönen in eine grosse Gitarre, auf der ein Ständchen angestimmt wird. Das „leichte und nervöse“ Finale, das mit flirrenden Klängen ansetzt, nimmt wieder die Beziehung zum Prologue auf und beschliesst den Satz feierlich.

Ein absoluter Schlager um 1800 war das Lied „Pria ch`io l`impegno“ von Joseph Weigl in Wien. Im dritten Satz des „Gassenhauer“-Trios umspielt und verändert  Ludwig van Beethoven diesen Schlager in neun Variationen und entlässt das Publikum „Gassenhauer“-pfeifend auf den Heimweg.

Musik verändert unsere Zeitempfindung, dieses Konzert lässt Sie die Zeit völlig vergessen.
Ursula Koelner

Anita Leuzinger, Violoncello
Anita Leuzinger wurde in der Nähe von Zürich geboren und begann im Alter von fünf Jahren Cello zu spielen. Sie studierte bei Thomas Grossenbacher in Zürich und bei Thomas Demenga in Basel, wo sie ihre Studien mit dem Solistendiplom „mit Auszeichnung“ abschloss. Einen grossen Einfluss auf sie hatte der ungarische Pianist Ferenc Rados, der ihr einen gänzlich neuen Zugang zur Musik eröffnete. Weitere wichtige Impulse erhielt sie von György Kurtág, Miklós Perényi und Steven Isserlis. 2008 gewann Anita Leuzinger den renommierten Naumburg-Wettbewerb in New York und gab daraufhin im Herbst 2009 ihr Début-Recital in der Weill Recital Hall der Carnegie Hall.

Bereits mit 23 Jahren wurde die junge Künstlerin Solocellistin des Tonhalle-Orchesters Zürich. Ihr Teilzeitpensum erlaubt es ihr, sich intensiv ihrer kammermusikalischen Leidenschaft zu widmen und ihre Solokarriere zu verfolgen. Ihre Konzerttätigkeit führte sie zu zahlreichen Festivals in der Schweiz und im Ausland, darunter das Lucerne Festival, die Salzburger Festspiele, das Davos Musik Festival, das Festival „Open – Chambermusic“ IMS in Prussia Cove, England, die Sommets Musicaux Gstaad und das Festival „Viva Cello“.

Als Solistin ist Anita Leuzinger unter anderem mit dem Tonhalle Orchester Zürich, dem Sinfonieorchester Basel, dem Orchestra della Svizzera Italiana, dem ORF-Sinfonieorchester Wien, dem slowakischen Radio-Sinfonieorchester, den Zagreber Solisten und dem American Symphony Orchestra aufgetreten. Seit mehreren Jahren spielt sie ausserdem im festen Duo mit dem Pianisten Anton Kernjak. Eine regelmässige Zusammenarbeit verbindet sie auch mit Heinz Holliger, mit dem sie bei den Salzburger Festspielen das Lutoslawski Konzert spielte und in Japan eine Reihe von Kammerkonzerten gab.

Seit 2007 ist Anita Leuzinger Assistenzprofessorin an der Musikhochschule Basel. Sie spielt ein Cello von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahre 1752.

Anton Kernjak, Klavier
Der Pianist Anton Kernjak entstammt einer slowenisch-sprachigen, österreichischen Familie. Seine Ausbil­dung erhielt er an der Universität Mozarteum in Salzburg bei Prof. Christoph Lieske und danach in der Konzertklasse von Rudolf Buchbinder an der Musikhochschule in Basel, wo er seine Studien mit Auszeich­nung abschloss. Anton Kernjak besuchte Meisterkurse bei György Kurtág an den „International Musicians Seminars“ in Prussia Cove in England, und über viele Jahre war der ungarische Musiker Ferenc Rados sein wichtigster musikalischer Mentor.

Anton Kernjak erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter einen Preis beim Internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerb in Österreich.

Als gefragter Kammermusiker geht er in verschiedenen Duo- und Trio-Besetzungen einer regen Konzerttätigkeit in Europa, Kanada, den USA und Japan nach. Engagements führten ihn etwa in die Tonhalle Zürich, zum WDR nach Köln, in die Wigmore Hall nach London und mehrmals in die Carnegie Hall nach New York. Ausserdem war er Gast beim Lucerne Festival, beim Kunstfest Weimar, bei den Ittinger Pfingstkonzerten, beim Bodensee-Festival, beim Musikfestival Davos, bei den World Music Days, beim Europäischen Musikmonat in Basel, bei den World Music Days, beim Festival in Sermoneta und bei den Sommets Musicaux in Gstaad.

Seit mehreren Jahren spielt Anton Kernjak im Duo mit der Cellistin Anita Leuzinger und arbeitet regelmässig mit Heinz Holliger zusammen. Weitere Kammermusikpartner waren Ursula Holliger, Thomas Demenga, Hanna Weinmeister, Muriel Cantoreggi, Geneviève Strosser, Silvia Simionescu u.a. Neben dem klassisch-romantischen Repertoire gilt sein grosses Engagement den Aufführungen neuester Werke.

Anton Kernjak ist Professor für Kammermusik an der Hochschule für Musik in Basel.

 

 

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