Der Hirt auf dem Felsen

 

Sarah Maria Sun, Sopran

Heinrich Mätzener, Klarinette
Lev Sivkov, Violoncello
Werner Bärtschi, Klavier

Programm

Johannes Brahms (1833 – 1897) – Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier a-moll op. 114

Anton Webern (1883 – 1945) – Drei kleine Stücke für Violoncello und Klavier op. 11

György Kurtág (1926) – György Kroó in memoriam für Kontrabassklarinette solo

Wiederholung:
Anton Webern (1883 – 1945) – Drei kleine Stücke für Violoncello und Klavier op. 11

Arnuld Herrmann (1968) – Rockabye, Wiegenlied und Traum für Sopran und Klarinette/Kontrabassklarinette

Johanna Magdalena Beyer (1888 – 1944) – Drei Lieder für Klarinette und Sopran

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) – Zwölf Variationen op. 66, F-dur über „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“

Franz Schubert (1797 – 1828) – Der Hirt auf dem Felsen D 965 für Sopran, Klarinette und Klavier

 

Kinder lieben sie, Eltern singen sie mit nostalgischen Gefühlen, und sie werden über Generationen weitervererbt: Kinderlieder. Doch die Idylle hat einen doppelten Boden: Manche Lieder sind weniger nett, als man es gerne hätte. Böse Kinderlieder zielen direkt auf das Kind, für das gesungen wird. Das Kind soll still sein, schlafen – und zwar schnell. Wer Schlaflieder singt, will seine Ruhe haben. Das Kind ist nicht nur pures Glück, sondern bedeutet auch Einschränkung, Arbeit und Fesselung ans Haus. Diese Seite der Beziehung ist in der aufgeräumten Glättung des Volks- und Kindertümlichen unter die Räder gekommen.
Eine schwarze Volksweisheit aus Mecklenburg sagt: Nicht wenn ein’s gestorben ist, sollen wir weinen, sondern wenn ein’s geboren wird. Das Wiegenlied aus dem Volk ist – ganz anders als es uns viele süßliche Varianten glauben machen wollen – nicht kindgemäß. Es ist lakonisch, nicht rührselig. Jeder Zweck, das Kind zur Ruhe zu bringen, ist ihm recht: vom drastischen Ertränken bis hin zum Verheiraten. Das ist jenseits politischer Korrektheit, Vernunft oder zeitgemäßer Pädagogik. Die poetische Kraft wurzelt in der Verzweiflung und weist über sich hinaus in ein altes Land. (Anita Albus)

Die Fallhöhe bei einem so berühmten wie alten (Wiegen-)lied wie Rock-a-bye Baby ist somit auch immens: die Diskrepanz zwischen der scheinbar harmlos schwingenden Melodie und dem tatsächlichen Text könnte nicht größer sein. Ein dunkler Traum, in dem sich Verdrängtes offenbart.

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[accordion-item title=“Sarah Maria Sun, Sopran“]

Sarah Maria Sun wurde 1978 geboren, absolvierte ihr Gesangsstudium in Köln und Stuttgart und lernte ausserdem bei Darinka Segota und Tanja Ariane Baumgartner. Ihre Solistenkarriere machte sie als Interpretin für Zeitgenössische Musik international bekannt. Heute umfasst ihr Repertoire neben zahlreichen Liedern über neunhundert Kompositionen
des 20. und 21. Jahrhunderts. Im Laufe der Zeit wirkte sie an mehr als dreihundert Uraufführungen mit. Der NDR widmete ihr 2012, 2016 und 2018 Portrait-Konzerte. In den Jahren 2017 („Lohengrin“ von Salvatore Sciarrino) und 2019 („Psychose 4.48“ von Philip Venables) wurde sie als Sängerin des Jahres nominiert.

In der Saison 2019/20 ist Sarah Maria Sun mit Schönbergs Pierrot Lunaire und Weills Sieben Todsünden mit dem Ensemble Modern und HK Gruber beim Beethovenfest Bonn zu erleben und singt die Eliza Doolittle in Frederick Loewes My Fair Lady mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester und Alan Gilbert an der Elbphilharmonie Hamburg. Weiterhin steht eine Uraufführung von Iris ter Shiphorst mit dem Ensemble Modern und Enno Poppe am Muziekgebouw Amsterdam sowie bei November Music in S’Hertogenbosch an sowie weitere Konzerte u. a. bei Wien Modern, in der Tonhalle Maag Zürich, beim Osterfestival Tirol und in der Philharmonie Luxembourg. Im Sommer 2020 singt sie die „Compagna“ in Luigi Nono‘s „Intolleranza“ bei den Salzburger Festspielen unter der Leitung von Ingo Metzmacher mit den Wiener Philharmonikern.

In den letzten Jahren spielte sie zunehmend Monodramen komplexer (Frauen-)figuren. Hier sind „Yes I will Yes“ von Dieter Schnebel/James Joyce (NDR/Elbphilharmonie Hamburg u.a.), „La habitatiòn de Carlota“ von Arturo Fuentes/Fernando del Paso mit dem Klangforum Wien (Klangspuren Schwaz, Vertice Festival Mexico City u.a.), “Lohengrin” von Salvatore Sciarrino/Jules Laforgue (Osterfestspiele Salzburg, Semperoper Dresden) und „Kolik“ von Jannik Giger, Leo Hoffmann und Benjamin von Bebber/Rainald Goetz (Gare du Nord Basel, Elbphilharmonie, Herrenhauser Festspiele, Radialsystem Berlin) hervorzuheben.

Sie tritt als Solistin regelmäßig in Konzerthäusern und Festivals wie der Suntory Hall Tokyo, dem Muziekgebouw Amsterdam, der Elbphilharmonie Hamburg, der Tonhalle Zürich, dem Auditorio National Madrid, der Berliner und Kölner Philharmonie, den Biennalen Paris, Venedig und München, dem Arnold Schönberg Center Wien und den Festivals in Witten, Donaueschingen, Herrenhausen, Cervantino und Vertice Festival in Mexico u.v.m. auf.

Sie gastierte an den Opernhäusern in Zürich, Basel, Dresden, Frankfurt, München, Düsseldorf, Stuttgart, Mannheim, Leipzig, Strasbourg, Luxembourg, Zagreb, der Opéra Bastille und Opéra Comique in Paris.

Sarah Maria Sun konzertierte mit Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Kent Nagano, Alan Gilbert, Thomas Hengelbrock, Susanna Mälkki, Peter Rundel, Heinz Holliger sowie mit dem Gewandhausorchester Leipzig, Berliner Philharmonikern, den Sinfonieorchestern des NDR, BR, SWR und WDR, den Dresdner Philharmonikern, dem Antwerp- und Tokyo-Symphony Orchestra und Ensembles wie der musikFabrik Köln, dem Ensemble Modern, Mosaik, Intercontemporain, den Streichquartetten Diotima, Arditti, Minguet und Signum.

Von 2007-2014 war sie die Erste Sopranistin der Neuen Vocalsolisten Stuttgart, einem Kammerensemble aus Sieben Sängern, das seit 30 Jahren weltweit zu den wichtigsten Vorreitern für zeitgenössische Musik zählt.

Ihre Diskografie umfasst mehr als 30 CDs, darunter wurden einige mit Preisen ausgezeichnet. Im Jahr 2017 wurden vier ihrer sechs CD Neuveröffentlichungen für den Deutschen Schallplattenpreis nominiert. Im Herbst 2019 und Frühjahr 2020 erscheinen ihre beiden neuesten und gegensätzlichen CD Einspielungen „Harawi“ mit Liedern von Olivier Messiaen und „Killer Instincts“ mit Werken von Tom Waits, Kurt Weill, Leonard Bernstein, Randy Newman, Joe Walsh, Stephen Sondheim u.a. bei Mode Records.

Sie gibt regelmäßig Meisterkurse für Vokalmusik des 20. und 21. Jahrhunderts, u.a. an den Universitäten und Hochschulen von Oslo, Harvard, Chicago, Stockholm, Zürich, Luzern, Rostock, Moskau, Dresden, Hannover oder Berlin. Seit 2019 unterrichtet sie als Lehrbeauftragte an der Musikhochschule Luzern.

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[accordion-item title=“Heinrich Mätzener, Klarinette“]

Mit grosser Leidenschaft verfolgt der Klarinettist Heinrich Mätzener eine vielfältige, facettenreiche und stilistisch weit gestreute musikalische Laufbahn. Seiner Lehrtätigkeit an der Hochschule Luzern kommt nicht nur eine langjährige Erfahrung als ‚Es-Klarinette solo‘ der Philharmonia Zürich (Opernhaus Zürich) zugute, sondern auch seine Arbeit im Bereich der zeitgenössischen Musik mit den Ensembles ‚Collegium Novum Zürich‘ und ‚La Scintilla dei Fiati‘, deren Mitglieder auf historischen Instrumenten spielen. Konzertreisen führten Heinrich Mätzener zu bedeutenden Festivals wie Muziekgebouw Amsterdam, Berliner Festspiele/MaerzMusik, Ultraschall Berlin, Bregenzer Festspiele, Lucerne Festival, Philharmonie Luxembourg, November Music ’s-Hertogenbosch, Kölner Philharmonie, WDR Köln, Klangspuren Schwaz, Schwetzinger Festspiele, Arnold Schönberg Center, Wiener Konzerthaus und Wittener Tage für neue Kammermusik.

Zu seinen Lehrern zählen Hans-Rudolf Stalder, bei dem er das Solstendiplom an der Musikhochschule Basel erworben hat, und Robert Marcellus (Northwestern University, Evanston). Heinrich Mätzener besitzt auch ein Konzertdiplom für Orgel der Musikhochschule Zürich, wo er bei Erich Vollenwyder studierte. Nach seinem Studium erhielt er mehrere Preise und Auszeichnungen u.a. beim Concours Acanthes in Paris und den Solistenpreis der Association Suisse des Musiciens – Schweizerischer Tonkünstlerverein (ASM – STV).

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[accordion-item title=“Lev Sivkov, Violoncello“]

Der russische Cellist Lev Sivkov spielt seit 2017 als Solocellist im Opernhaus Zürich, 2016 wirkte er in derselben Funktion in der Königlichen Oper Kopenhagen.

Lev begann seine musikalische Ausbildung in der frühen Kindheit mit seinen Eltern. Im Alter von fünf Jahren besuchte er die Musikschule in Nowosibirsk.

Er ist Absolvent der Musikhochschule Basel und der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, wo er in den Klassen der international angesehenen Professoren Ivan Monighetti und Conradin Brotbek studierte. Danach erfolgten Studien bei Jean-Guihen Queyras an der Musikhochschule Freiburg. Im Sommer 2010 hat er an der ‘‘Summer Music Academy‘‘ bei Professor Janos Starker, Indiana University, USA, teilgenommen.

Lev Sivkov ist Preisträger von vielen internationalen Cellowettbewerben, u. a. gewann er den 1. Preis am “W. Naumburg International Music Competition 2015” in New York, den 1. Preis am “Concours International des Cordes 2015” in Gerardmer, Frankreich und den 1. Preis und zwei Publikumspreise am “Julio Cardona International String Instruments Competition 2015” in Covilha, Portugal.

Er spielt ein Cello von “Miremont et fils” (1880), gestiftet von der Landessammlung für Streichinstrumente Baden-Württemberg.

 

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[accordion-item title=“Werner Bärtschi, Klavier“]

Werner Bärtschi hört nicht auf, immer wieder nach Eigenart und Ästhetik jedes einzelnen Werks zu fragen. Gerade deshalb werden seine Interpretationen als besonders spontan, kommunikativ und spannungsvoll erlebt.

Der 1950 in Zürich geborene Musiker spielt Werke von der Spätrenaissance bis in die Gegenwart. Er hat bedeutende Uraufführungen (unter anderem von Cage, Klaus Huber, Killmayer, Riley, Schnebel und Vogel) gespielt. Schwerpunkte seines Repertoires liegen bei Bach, Mozart, Beethoven, Chopin und Liszt, doch engagiert er sich auch für Aussenseiter wie Carl Philipp Emanuel Bach, Carl Nielsen, Erik Satie, Charles Ives und Giacinto Scelsi. Konzerte auf allen Kontinenten, an Festivals wie Gstaad, Lucerne, Zürich, La Roque d‘Anthéron, Antalya und Salzburg, Rundfunkaufnahmen, Fernseh- und Kinofilmauftritte sowie zahlreiche CDs (mit einem „Grand Prix du disque“ der Académie de disque française) zeugen von seiner erfolgreichen pianistischen Aktivität. 1980 gründete er in Zürich die Konzertreihe «Rezital» und ist künstlerischer Leiter des Musikkollegiums Zürcher Oberland und der Schaffhauser Meisterkonzerte. Er hat immer wieder ausgewählte Studenten unterrichtet und ist Initiator und Leiter der Schaffhauser Meisterkurse.

Bärtschi schrieb mehr als vierzig Kompositionen verschiedenster Gattungen. Nach frühen Einflüssen von Cage und Schnebel, später von Scelsi und Wilhelm Killmayer befreite er sich in sehr persönlichen Experimenten aus den Traditionen der Avantgarde und liess zunehmend seine Erfahrungen als Interpret alter und neuer Musik einfliessen. Seine unmittelbar fassliche Musik klingt ganz eigenständig und erinnert kaum an die gewohnte Sprache zeitgenössischer Musik. Werner Bärtschi schöpft seine kreativen Interpretationen nicht zuletzt auch aus seinem kompositorischen Verständnis für Musik. Wer so wie er den Meistern der Vergangenheit als Kollege über die Schulter blicken kann, sieht tiefer in die reiche Vielschichtigkeit ihrer Werke hinein. Und Bärtschis Talent zur Kommunikation befähigt ihn, diese Einsichten überzeugend umzusetzen. Die Musik vergangener Epochen erklingt unter seinen Händen wie neu. ‚Da sind Kopf, Herz und Hand auf künstlerischer Hochebene aufs Glücklichste beisammen‘, urteilt die Presse.

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